PRESSESTIMMEN

CALLUNA, AUSGABE WINTER 2002

Wenn Holz Ideen zum Lodern bringt ...

Der Bildhauer Jürgen Eimecke folgt der natürlichen Struktur des Materials

"Es ist wichtig, bei der Bearbeitung des Holzes Farben und Formen auf sich wirken zu lassen. So kann man Schritt für Schritt Ideen entwickeln, aus denen dann die Skulpturen entstehen." Und weil Holz ein Naturmaterial ist und deshalb kein Stück dem anderen gleicht, inspiriert es Jürgen Eimecke immer wieder aufs Neue. Wer ihn in seiner Bildhauerwerkstatt in Hankensbüttel besucht, die zugleich als Ausstellungsraum dient, merkt schnell, dass hier jemand arbeitet, der genau weiß, wie er sich die unterschiedlichen Beschaffenheiten seines Werkstoffes zu Nutze machen kann.

Jürgen Eimecke wurde am 25. Juli 1960 in Wittingen geboren. Nach dem Abitur begann er 1984 eine Holzbildhauerlehre in Berchtesgaden. 1987 fasste er den Plan, Kunstlehrer zu werden und begann ein Lehramtsstudium in Kassel. Doch schon ein Jahr später wechselte er in den Studiengang Freie Kunst, den er 1993 mit dem Diplom abschloss. Seitdem lebt er auch wieder in der Südheide, wohnt und arbeitet in Hankensbüttel. Mit seinen Skulpturen hat er sich bereits an vielen Ausstellungen in der Region beteiligt.

Steinbock Stark beeinflusst hat ihn ein Aufenthalt in Lascaux in Frankreich, wo er die berühmten Höhlenmalereien bewunderte. Diese jahrtausendealte Kunst gab seinem Stil eine neue Richtung. Die Höhlenmaler nutzten die natürliche Beschaffenheit der Felswände, um ihre Werke plastisch darzustellen. Auch Jürgen Eimecke folgt der naturgegebenen Struktur des Materials. Er setzt die natürliche Buntheit des Holzes - darunter versteht der Fachmann den Wuchs, Farbe und die Maserung - geschickt ein und formt mit seinen Werkzeugen Skulpturen, die auf Grund dieser Arbeitsweise besonders ausdrucksstark sind: So verleihen die Jahresringe des Holzes einem geschnitzten Pferd das Aussehen eines Zebras. Doch der Künstler möchte den Betrachter auf keinen Fall auf eine Sichtweise festlegen. Vielmehr freut er sich, wenn dieser ganz neue Dinge an seinen Figuren entdeckt, auf die er selbst nie gekommen wäre: "Je nach Lichteinfall und Perspektive verändert sich die Gestalt. Das ist es auch, was die Skulpturen so lebendig wirken lässt."

Der Bildhauer, der hauptsächlich Tierporträts gearbeitet hat, weiß, wie wichtig die Ausstrahlung der einzelnen Figuren ist. Um die herausarbeiten zu können, erhält er die Kraft und Urtümlichkeit des Baumes so weit wie möglich. Dieses Wechselspiel zwischen einer Idee und dem Holzstamm, auf dem sie beruht, ist bei der Entstehung der Skulpturen wichtig. Es verleiht der Arbeit von Jürgen Eimecke einen eigenen Stil. Doch diese intuitive Arbeitsweise braucht ihre Zeit: "Es können Tage, aber auch Jahre vergehen, bis ich endlich die Eingebung habe, was in diesem Stück Holz steckt."

Archaeopt Nach den vielen Tierporträts von Pferden, Katzen und Eulen, die klassisch lebensnah gearbeitet sind, tritt bei den Bisons und Höhlenbären der urwüchsige Charakter des Holzes stärker hervor. Ihre Leiber scheinen geradezu in den Höhlen der Holzstämme zu verschwinden. Ein Großteil der Figur ist nicht bearbeitet, weil die rauhe, natürliche Form den perfekten Rahmen bildet.
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Eine der gelungensten Arbeiten [Eimeckes] geht in eine ganz andere Richtung. Dabei stellt Eimecke keinen freistehenden Körper dar, sondern hat aus einem brettartigen Holzstück ein Relief, einen versteinerten Archaeopteryx, herausgearbeitet. Die Figur wirkt besonders gut bei direktem Lichteinfall, da auf diese Weise Schlagschatten entstehen. Das Besondere des Reliefs ist, dass seine Wirkung ganz von der Richtung des Lichteinfalls bestimmt wird, denn die unterschiedlichen Schatten betonen die Arbeit immer wieder auf ganz andere Art.

Eimeckes Arbeitsweise läßt sich mittlerweile so sehr von den Farben und Strukturen des Holzes leiten, dass ein Teil seiner Figuren vollkommen ungegenständlich geworden ist. Das heißt aber nicht, dass sie keinen Inhalt mehr haben. Sie geben dem Betrachter eine größere Interpretationsebene, regen ihn zum Nachdenken an. Dann kommt er mit einer oberflächlichen Betrachtungsweise nicht mehr weiter, sondern muss sich mit dem beschäftigen, was er sieht. Und das ist auch ein wesentliches Ziel von Jürgen Eimecke: "Die Menschen müssen wieder sehen lernen."

Marni Ebeling